Gemeindearchiv
Das Gemeindearchiv verwahrt und sichert das historisch bedeutsame Schriftgut der früheren Amtsverwaltung Herzebrock sowie der heutigen Gemeindeverwaltung Herzebrock-Clarholz. Hierzu zählen schriftliche Erzeugnisse wie Akten und Amtsbüchern genauso wie digitale Datensammlungen.
Die verwaltungsgeschichtliche Überlieferung wird durch eine lokalgeschichtliche Sammlung in Form von Zeitungen, Fotografien, Adressbüchern und Nachlässen von Privatpersonen, Unternehmen und Vereinen ergänzt.
Ziel des Gemeindearchives ist es, allen historisch Interessierten als Gedächtnis der Gemeinde zu dienen und als Dienstleistungseinrichtung die Erforschung der Ortsgeschichte zu fördern.
Aufgaben des Gemeindearchives
- berät jedermann, der sich mit der Lokalgeschichte beschäftigen will durch archivfachliche und historische Auskünfte,
- bewertet, ordnet und verzeichnet die Aktenüberlieferung der Gemeindeverwaltung, um die rechtlichen Interessen der Gemeinde zu wahren und der Öffentlichkeit die Möglichkeit zu geben, sich mit der Geschichte der Gemeinde auseinanderzusetzen,
- übernimmt zur dauerhaften Aufbewahrung die Überlieferung von Privatpersonen, Firmen und Bauernhöfen und macht diese in Absprache mit dem Leihgeber der Öffentlichkeit zugänglich,
- sammelt Druckschriften wie Plakate, Handzettel und Broschüren,
- beteiligt sich an Vorträgen, Ausstellungen und Veröffentlichungen.
Die Bestände
Die amtliche Überlieferung gliedert sich in die vier Bestandsgruppen A bis D und umfasst die amtliche Überlieferung der Ortschaften Herzebrock, Clarholz und Lette.
Der Zusammenschluss der drei Gemeinden Herzebrock, Clarholz und Lette blieb bis zur Ausgliederung der Ortschaft Lette zum 01.01.1970 erhalten.
Bestand A – Bestand der Amtsverwaltung Herzebrock, 1810 bis 1920
Bestand A umfasst 129 Akten.
Einige wenige Akten stammen aus der Zeit der französischen Mairien und der preußischen Bürgermeistereien ab 1810. Hierbei handelt es sich vorrangig um Grundstücksrollen und Kirchenangelegenheiten.
Die Aktenüberlieferung verdichtet sich ab 1890. Letztlich lassen sich anhand des Bestandes zahlreiche Kenntnisse zur Einrichtung und Etablierung des preußischen Verwaltungswesens gewinnen. Besonders interessant dürften die Bestände zu Schul- und Kirchengeschichte, zu Polizeiangelegenheiten, Armen- und Gesundheitswesen sein. Der Teilbestand Judaica erlaubt zudem Einblicke in die jüdische Geschichte von 1851 bis 1903.
Bestand B – Bestand der Amtsverwaltung Herzebrock, 1920 bis 1930
Die Akten der Registratur sind weitgehend erhalten geblieben und umfassen heute 759 Akten. Neben dem Verlust einzelner Akten fehlen Akten zu Staatsangehörigkeitssachen, Ausländerwesen und zur öffentlichen Sicherheit vollständig. Hinzugefügt wurden dem Bestand Einzelfallakten zur Wohnbauförderung und Hinterbliebenenfürsorge.
Der Bestand vermittelt den Wechsel der Staatsform von der Monarchie zur Republik. Zu den wichtigsten Änderungen dieser Zeit dürfte die Einführung des Verhältnis- und des Frauenwahlrechts ab 1919 zählen, durch welche das seit 1856 gültige Drei-Klassen-Wahlrecht ersetzt wurde.
Bestand C – Kriegs- und Nachkriegsliteratur des Amtes, 1916 bis 1928
Die Akten zur Kriegs- und Demobilisierungsregistratur wurden aus dem Bestand B herausgelöst und sind vollzählig erhalten. In Kombination mit den Beständen A und B vermittelt der Bestand C grundlegende Kenntnisse zu politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen dieser Zeit. Hierzu zählt insbesondere die Sicherstellung der Lebensmittelversorgung, die Bekämpfung von Rohstoffknappheit, Wohnungsnot und Arbeitslosigkeit.
Bestand D – Bestand der Amts- und Gemeindeverwaltung nach 1945
Der Bestand D wird aktuell verzeichnet.
Darüber hinaus können weitere Bestände zur amtlichen Überlieferungsbildung eingesehen werden. Hierzu zählen beispielsweise die Gemeindechroniken ab 1818, die Hausregister ab 1854 und die Einwohnermeldekarteien ab 1920. Bei jüngeren Unterlagen gelten die jeweiligen Datenschutzbestimmungen.
Ergänzt wird die amtliche Überlieferung durch Deposita und Sammlungsgut.
Für den Zeitraum der nationalsozialistischen Herrschaft ist leider eine umfassende Überlieferungslücke amtlichen Schriftgutes zu beklagen. Hinweise, die zur Schließung dieser Lücke beitragen, nimmt das Gemeindearchiv gerne entgegen.
Benutzung
Die Unterlagen des Gemeindearchives können von allen Interessierten eingesehen werden. Für die Einsicht in jüngere Unterlagen gelten die jeweiligen Datenschutzbestimmungen.
Eine Herausgabe von Archivalien erfolgt nicht: Die Nutzung erfolgt ausschließlich in den Räumlichkeiten der Gemeindeverwaltung. Diese ist gebührenfrei. Auch die Beratung ist gebührenfrei: Unabhängig davon, ob diese im Gespräch vor Ort, telefonisch oder schriftlich erfolgt.
Sollte die selbstständige Recherche vor Ort nicht möglich sein, besteht die Möglichkeit, eine schriftliche Auskunft zu erbitten. Diese ist je nach Arbeitsaufwand gemäß der Gebührenordnung der Gemeinde Herzebrock-Clarholz gebührenpflichtig. In Ausnahmefällen kann von einer Gebührenerhebung abgesehen werden.
Informationen und Projekte
Die Wagenfeldstraße ist seit dem 25. Januar 2024 dem Industriedesigner Wilhelm Wagenfeld (* 15.04.1900 in Bremen, † 28.05.1990 in Stuttgart) gewidmet, Bauhaus-Schüler und einer der bekanntesten Industriedesigner Deutschlands.
Klicken Sie hier um weiter lesen
Die Straße war ursprünglich Karl Wagenfeld (* 05.04.1869 in Lüdinghausen, † 19.12.1939 in Münster) gewidmet. Karl Wagenfeld war Volksschullehrer, Mundartdichter und Mitbegründer des Westfälischen Heimatbundes, dessen Vorsitz er von 1933 bis 1934 führte. Er gilt heute als Propagandist der völkischen Heimatbewegung.
Bereits in Vorbereitung der Gründung des Westfälischen Heimatbundes setzte er sich für eine völkische Ausrichtung der Heimatbewegung ein. In seinen Reden und Schriften äußerte er sich fremdenfeindlich und rassistisch, sprach sich für eine Siedlungsbewegung gen Osten und für die Einhaltung eugenischer Regeln aus. Der NSDAP trat er 1933 aus Überzeugung bei: In der Zusammenarbeit mit dem NS-Regime sah er eine Bereicherung für die politischen Ziele der Heimatbewegung. Für seine Verdienste wurde er von den Nationalsozialisten geehrt.
In der Nachkriegszeit wurden in über 80 Städten- und Gemeinden Nordrhein-Westfalens Straßen nach Karl Wagenfeld benannt. Vielfach wurde sein Verdienst um die deutsche Mundartdichtung als ehrwürdig genannt. Erst mit der Öffnung seines privaten Briefnachlasses in den 80er-Jahren eröffnete sich der Öffentlichkeit ein umfassenderes Bild seiner persönlichen Einstellung zum NS-Regime. In Münster wurde Karl Wagenfeld 2012 die Ehre aberkannt und die nach ihm benannte Wagenfeldstraße wurde umbenannt. Weitere Gemeinden folgten dem Beispiel, andere Gemeinden entschieden sich für eine Umwidmung oder die Anbringung von Zusatzschildern.
In Herzebrock-Clarholz geht die Diskussion um den Straßennamen auf einen Antrag des Heimatvereins Herzebrock vom 05. Dezember 2023 zurück. Darin bat der Verein um öffentliche Diskussion des Straßennamens und sprach sich für die Anbringung eines Zusatzschildes mit Informationen aus. Das Anliegen wurde durch eine Bürgeranregung ergänzt, die zur Umbenennung anregte. Der Ausschuss für Schule, Sport, Kultur und Städtepartnerschaften verurteilte in der Sitzung am 25. Januar 2024 die Vorstellungen und Handlungen Karl Wagenfelds, betrachtete die Anbringung eines Zusatzschildes jedoch als nicht ausreichend. Der Ausschuss entschied einstimmig, zusätzlich zur Anbringung eines Zusatzschildes, die Straße dem Industriedesigner Wilhelm Wagenfeld zu widmen.
In einem weiteren Antrag bat der Heimatverein um erneute Diskussion, da die bisherige Diskussion als nicht ausreichend empfunden wurde. Nunmehr befürwortete der Verein eine Umbenennung und schlug vor, die Straße nach der aus Herzebrock stammenden und deportierten Familie Weinberg zu benennen. Der Antrag wurde von einer befürwortenden sowie einer ablehnenden Bürgeranregung der Anwohnerschaft begleitet. Der Ausschuss vertagte am 8. Mai die Entscheidung um sich in den Fraktionen mit den Empfehlungen des Deutschen Städtetages zum Umgang mit fragwürdigen Straßennamen zu befassen.
Vor der Sitzung des Ausschusses am 12. September sprach sich eine Interessensgemeinschaft der Anwohnerschaft mit einer Unterschriftensammlung gegen Umbenennungsversuche und für die Umwidmung aus. Um der Anwohnerschaft einerseits den Aufwand einer Umbenennung zu ersparen und andererseits die Diskussion um weitere Straßennamen zu vermeiden, verwies der Ausschuss auf den bereits getroffenen, einstimmigen Beschluss vom 25. Januar. Auf Anregung des Bürgermeisters Marco Diethelm wurde der Beschluss dahingehend ergänzt, dass neben der Anbringung eines Zusatzschildes auch ein QR-Code angebracht werden soll, sodass Interessierte sich über die geschichtlichen Hintergründe des Straßennamens informieren können.
Nach der Bundeszentrale für politische Bildung dienen die Denkmuster der völkischen Bewegung bis heute als ideologische Grundlage des Nationalsozialismus. Mit der Umwidmung der Straße möchte sich die Gemeinde Herzebrock-Clarholz deutlich gegen fremdenfeindliches, menschenverachtendes Gedankengut aussprechen.
Stand: Juni 2025